Domhardt
Bei mehreren Besuchen in Holstein sah ich Domhardt schon als Fohlen und Jährling auf der Weide bei seinem Züchter und er gefiel mir immer schon ausnehmend gut. Später erlebte ich ihn als Zweieinhalbjährigen bei seiner Körung 1993 in Neumünster. Der schwarzbraune Hengst mit den Maßen 167,21 (ausgewachsen dann 171,21) fiel besonders durch seine gelassene, wohlerzogene Art auf und bekam ein Kreuz in meinem Katalog. Er war für mich natürlich von besonderem Interesse, allein, da er ein Enkel unseres Hauptvererbers Elitehengst Marduc über seinen Vater Elitehengst Lehndorff’s war. Im genetischen Hintergrund finden wir gehäuft Trakehner Hochadel, der sich in drei Eliten dokumentiert. Vater und Sohn stammten aus der Zucht Manfred Pauls aus dem Holsteinischen Lebrade bei Plön.
Dieses schon allein ist eine züchterische Besonderheit, weil auch die Mutter Domhardts, Donnagloria von Consul in Lebrade gezogen worden war. Sie war eine Tochter der Rantzauer Fuchsstute Donaumaid von Maharadscha. Daraus ergab sich eine Inzucht auf diesen überragenden, zuchtprägenden Famulus-Sohn, der nur für kurze Zeit vom Vogelsangshof für Rantzau angepachtet war, denn auch Marducs Großvater mütterlicherseits, Ferlin, war ein Maharadscha-Sohn. Eine weitere durchdachte Inzucht findet man im Pedigree Domhardts auf den Hauptvererber und Tropenwald-Sohn Pregel. Über diesen tritt die dritte große Hauptgestütsfamilie der Peraea von Hirtensang in Erscheinung. Sowohl Donauwind (Lehndorff’s Urgroßvater) als auch dessen Vollschwester Donaufahrt von Schimmelhof (Urgroßmutter Domhardts) stammen von Pregel. Die Verbindung dieser beiden großen Vererber der Nachkriegszeit, Maharadscha und Pregel, war immer erfolgversprechend. Wie der Name Domhardts erkennen lässt, wurzelt er in der großen Hauptgestütsfamilie der Dongola ox von Jasir ox aus dem berühmten Murana ox-Stamm. Diese aus dem königlich-württembergischen Arabergestüt Weil (später Marbach) stammende Schimmelstute ist einst für Trakehnen angekauft worden und hat über den Zweig ihrer Tochter Donna von Cancara eine große, weitverbreitete Familie begründet.
Die heutige Trakehner-Zucht ist kaum denkbar, ohne das Erbgut dieser Araber-Stute. Wir haben ihre arabischen Gene bereits durch den Einsatz des Fuchshengstes Donaufürst in unserer Stutenherde verankern können. Im Pedigree Domhardts befinden sich eine ganze Reihe von Zuchtgrößen der Nachkriegszeit, wie zum Beispiel Gabriel, Famulus, Tropenwald, Consul, Gunnar oder Totilas. Vom Exterieur her erinnert Domhardt stark an seinen Großvater Consul, der ihn im Typ, in Größe und Farbe geprägt hat. Ein äußerst angenehmes Interieur wurde ihm auf der Hengstleistungsprüfung in Neustadt/D. bescheinigt, in der er sowohl für Charakter als auch für Leistungsbereitschaft die Höchstnote 10 erhielt.
Ich nutzte den Hengst schon in seinem ersten Deckjahr, als er bei Hans Jürgen Armbrust im niedersächsischen Gestüt Eichengrund bei Soltau aufgestellt war. Er deckte dort, wie auch später bei seinem Züchter in Lebrade im Natursprung, was seinen züchterischen Einfluss einschränkte. Im Jahr 2007 konnten wir den Hengst 16-jährig kaufen. Er war gesundheitlich in keiner guten Verfassung, erholte sich aber erfreulicherweise rasch. Er wurde, neben unseren eigenen Stuten, auch von Züchtern der Umgebung gut angenommen. Wir versprachen uns mit diesem sympathischen Marduc-Enkel in unserer von diesem Hengst geprägten Stutenherde über eine maßvolle Inzucht eine Konsolidierung des Erbgutes. Das hat sich bewahrheitet.
Die Fohlen waren, seiner guten Abstammung entsprechend, edel, wüchsig und mit guten Bewegungen ausgestattet. Was aber bei allen auffiel, ihre äußerst menschenbezogene Art. Sie waren leicht zu händeln und klar im Trakehner Rassetyp. Später ausgewachsen war zu beobachten, dass sie vielseitig einsetzbar waren.
Besonders auffällig waren seine zahlreichen Nachkommen im Fahrsport. So wurde Heinrich Bredenkamp eine bekannte Größe im Fahrsport, mit seinem dunkelbraunen Trakehner Vierspännerzug Bronzemedaillien-Gewinner bei den Holsteinischen Vierspänner Landesmeisterschaften 2009. Alle vier Pferde wiesen, zum Teil doppelt, Marduc-Blut auf. Alenka und Lohne waren direkte Domhardt-Kinder. Das erinnert an einen Ausspruch des unvergessenen Freiherr von Senden, der von der besonderen Fahr-Eignung der Marduc-Kinder überzeugt war, hatte er doch selbst mehrere Pferde dieser Abstammung in seinen Gespannen, wie zum Beispiel die Vollgeschwister Sternmajor und Sternmajell und den aus unserer Zucht stammenden Ludwig – alle von Marduc.
Ebenfalls aus unserer Zucht waren vier schwarzbraune Domhardt-Kinder, die wir an einen Fahrer nach Bayern verkauften. Der Anfang war sehr vielversprechend. Doch leider verhinderten in der Folge gesundheitliche Probleme des Fahrers die konsequente Umsetzung seiner Pläne, mit den Pferden aus den zwei Zwei-Spännern einen Viererzug zusammenzustellen.
Unsere Tochter Sarah nahm, während eines Besuchs bei unseren Pferden in Bayern, das erste Mal selbst die Leinen in die Hand und verfiel der Faszination dieses Sports, was bis zur Erlangung des Fahrabzeichens führte. Wieder zu Hause wurde beschlossen, unsere Domhardt-Tochter Hoheit TN aus der Holiday von Tanzmeister I einfahren zu lassen. Von dem befreundeten Züchter Dirk Buchert kam dann die von ihm selbst schon eingefahrene Soraya von Domhardt und der Samlandgräfin von Graf Lindenau dazu. Damit begann eine hoffnungsvolle Karriere unserer beiden Domhardt-Töchter zunächst im Ausbildungsstall des erfahrenen Fahrausbilders Karsten Estrum, der Sarah maßgeblich unterstützte. Nach der Grundausbildung sammelten Sarah und ihre Stuten weiter allein Erfahrung im Gelände.
Aus der Zucht Manfred Pauls stammt auch die Stute Delektra von Domhardt-Exorbitant xx, die mit ihrer Besitzerin Jeanette von Schiller in Bad Harzburg 2013 den Sieg im CDV-Cup, einer Vielseitigkeitsprüfung, auf M‑Niveau holte.
Die Bedeckungszahlen des so wertvoll gezogenen Hengstes blieben sein Leben lang überschaubar, was angesichts seiner durchweg guten Nachzucht zu bedauern ist. Leider ging Domhardt schon ein Jahr später 2008 an Multiorganversagen ein – eine Folge seiner angeschlagenen Gesundheit zur Zeit des Kaufs und des gut gemeinten Aufpäppelns. Es wurden neben den doch recht zahlreichen Kindern im Sport nur ca. 10 Töchter eingetragen.










